IEX-24-25WS_MEX

RELIKT – REFERENZ – REKONSTRUKTION – Relikte und Artefakte als Werkzeug zum experimentellen Rekonstruieren und aufmerksamen Entwerfen

„Wenn Architektur zivilisatorisch gesehen immer ein rekonstruierendes Unternehmen ist, in dem Unverarbeitetes und Verdrängtes zutage treten, kommt es auf die Substruktion an – als historisch- analytische Konstruktion unseres Verhältnisses zu Zeit und Raum und damit zu den geschichtlichen Prozessen – und nicht auf die Baustile, mit denen ein Bau überzogen wird.“ Klaus Heinrich, Dahlemer Vorlesungen

Betrachtet man unsere Zivilisationsgeschichte, unsere Städte und unsere Traditionen, so zeigen sich Zerbrechen und Verdrängen als elementare Teile dieser Historie. Überschrieben, verdeckt und versteckt versuchen wir diese Teile zu übersehen oder schlichtweg mit einer neuen architektonischen Hülle zu umschreiben und so ein Bild zu konstruieren, das von einer heilen und schönen Vergangenheit zeugt. 

Laut des Religionsphilosophen Klaus Heinrich sollten wir Stadt und Architektur als rekonstruierendes Unternehmen verstehen, in denen als Form der Wiederkehr und als Prozess der Offenlegung, unverarbeitete zivilisatorische und gesellschaftliche Schichten im Material sichtbar werden. Rekonstruktionen, als nostalgischer Wiederaufbau eines Idealbildes von Vergangenem schützen uns, nach Heinrich, jedoch nicht vor historischer Verdrängung. Viel mehr negieren sie die Gebrochenheit der historischen Substanz der Stadt, begreifen sie nicht als Teil des zivilisatorischen Prozesses und missachten die Geschichte als empirischen Befund, als Substruktion für die Gegenwart. 

Welche Potentiale stecken demnach in den Brüchen unserer Geschichte und wie kann sich unser Schaffen entwickeln, wenn wir diese Einschnitte, Rückschläge und das Verdrängte nicht nur aushalten sondern vielmehr mitverhandeln und zum Fundament des Neuentstehenden machen. Wir wollen uns in diesem Semester ebendiesen Brüchen widmen und uns auf intensive Spurensuche durch Berlins Baurelikte begeben. In keinem Stadtbild Deutschlands zeichnet sich die vielschichtige Geschichte des Landes so sehr ab, wie in dem der Hauptstadt. Eingebettet zwischen Zeugen dieser Vergangenheit, wollen wir, auf dem Grundstück der einstigen Berliner Bauakademie, ausstehende Antworten finden und Neue formulieren. Mit der Frage, wie sich Architektur in den Zivilisationsprozess einbringen kann, Konflikte offenlegen, an sie erinnern und sie möglicherweise aufarbeiten kann, sollen in einer entwurfsbegleitenden Vertiefung historische sowie strukturelle Analysen spezifischer Bruchstellen, Spolien und Baubestände die Einleitung in den Entwurf ermöglichen. Wir wollen diese Artefakte als Referenzen begreifen, ihre Hintergründe zu eigenen Bauaufgaben, Kultur-, Bildungs- und oder Wohnräumen, ableiten und den Versuch wagen, der Gesellschaft über die Architekturen ein Bewusstsein ihrer selbst und der eigenen Historie (zurück) zu geben.

Prüfender
Prof. Berthold H. Penkhues
Betreuende
Felix Gehrke, Christian Jensen, Philipp Wündrich
Bearbeitungszeitraum
16.10.2024 – 29.01.2025
Ausgabe
16.10.2024, 10.00, IEX
Entwurfsexkursion
18.10.2024 – 20.10.2024, Berlin
Bearbeitung
Einzelarbeit
Korrekturen
wöchentlich
Zwischenkritiken
27.11.2024 + 18.12.2024 + 15.01.2025
Abschlusskritik
29.01.2025